Am vergangenen Freitag hat der Herforder Kreistag den Haushalt für die kommenden beiden Jahre beschlossen. Wir haben uns konstruktiv mit eingebracht und gemeinsam mit SPD und FDP einen Antrag für inhaltliche Beschlüsse eingebracht, die den Haushalt begleiten sollen:
Haushaltsrede unserer Fraktionsvorsitzenden Angelika Fleischer
Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Kreistag,
liebe Besucherinnen und Besucher,
liebe Mitglieder der Presse,
heute wird der Doppelhaushalt für die Jahre 2024 / 2025 verabschiedet.
Vor uns liegt ein solide aufgestellter Haushalt, für den wir uns bei den Mitarbeitenden der Kämmerei sehr bedanken, aber auch bei allen anderen Abteilungen und deren Mitarbeitenden, die daran mitgewirkt haben.
Häufig höre ich die Hinweise, dass die Verabschiedung des Haushalts zu diesem Zeitpunkt ungünstig ist, erst recht der Beschluss eines Doppelhaushalts in diesen unsicheren Zeiten. Trotzdem waren wir uns im Kreistag einig, dass es für unsere Kreis-angehörigen Kommunen eine Planungssicherheit für die nächsten zwei Jahre darstellt. Das zeigt ebenso die Erfahrung der letzten Doppelhaushalte.
Bei der Einbringung des Haushalt durch unseren neuen Kämmerer Herrn Stölting haben mich die Zunahme von 240,5 neuen Stellen im Stellenplan aufhorchen lassen.
Bei näherer Betrachtung sind viele davon aber gegenfinanziert, z. B. die Stellen bzgl. der Übernahme der Bünder Rettungswache und vorausschauend die Übernahme der Rettungswache von der Stadt Löhne. Beiträge heben den Aufwand auf.
Andere Stellenzuwächse erklären sich durch die Prüfung der Gemeindeprüfungsanstalt NRW (gpaNRW). So hat diese festgestellt, dass im Jugendamt nicht ausreichend Personal beschäftigt ist, um die Anforderungen optimal bearbeiten zu können. Die Erfahrungen von Kindeswohlgefährdungen aus anderen Kreisen schwebt über einem. Dem wollen wir gewappnet sein.
Die gestiegenen Anforderungen an die Kreisverwaltung in weiteren Bereichen, Hr. Stölting hat diese aufgeführt, benötigen weiteres Personal. Die Gründe sind vielfältig, aber alle dazu notwendig, die Verwaltung zu optimieren und neuen Anforderungen gewachsen zu sein. Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung, Gesundheitliche Versorgung, Inklusion, Personal Recruiting sind nur einige, die hier genannt werden sollten.
Im Haushaltsplan berücksichtigt werden die Stellenzuwächse übrigens laut Planung erst ab September 2024, wenn dann das Bewerbungs- und Besetzungsverfahren für neu geschaffene Stellen abgeschlossen ist.
Geplant ist es, die Kreisumlage moderat anzuheben von 38,35 % auf 39,9 % in den Jahren 2024 und 2025. Es gibt andere Kreise mit schlechteren Bedingungen, die eine Anhebung von über 3 % erwarten. Und auch im Kreis Herford lag in der Vergangenheit die Kreisumlage über 41 %. Sollte unserem Begleitantrag zugestimmt werden, reduzieren wir diese, so ist der Plan.
Die Kommunen haben in der frühzeitigen Beteiligung ihre Bedenken klar formuliert und der Kreis berücksichtigt die klamme finanzielle Ausstattung der kommunalen Haushalte. Immer schon und auch bei jeder Entscheidung nimmt der Kreis Rücksicht auf die Situation der Kommunen. Dennoch ist das Ziel ein ausgeglichener Haushalt des Kreises, damit dieser handlungsfähig bleibt.
Wenn man über die Kreisumlage spricht, muss die Landschaftsumlage an den Landschaftsverband Westfalen / Lippe (LWL) in den Blick genommen werden. Auch der LWL ist ein Umlageverband, der seine Arbeit, seine Aufgaben nur kompetent ausführen kann, wenn dieser ausreichend finanziell dafür aufgestellt ist.
Die Anforderungen an den LWL sind gestiegen, weitere Aufgaben vom Land NRW dazu gekommen, die Fallzahl in den Einrichtungen des LWL erhöht und die Tarifsteigerungen müssen auch hier berücksichtigt werden. Diese Tatsachen werden zu einer Erhöhung der Landschaftsumlage an die Mitgliedskommunen des LWL führen. Ob und in welchem Umfang diese noch etwas herab gesenkt wird, erfahren wir erst in der nächsten Woche, wenn der LWL-Haushalt in der Landschaftsversammlung entschieden wird.
Im Blick haben müssen wir die isolierten Kosten, die durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine im Kreis Herford entstanden sind und die ab 2027 zurück gezahlt werden müssen. Zahlen wir die isolierten Kosten auf einmal zurück oder über den Zeitraum von 50 Jahren, wird durch den Kreistag in nächster Zeit entschieden werden müssen. Was das genau für zu künftige Haushalte heißt, können wir nur erahnen.
Doch kommen wir zu inhaltlichen Themen und der Erläuterung der Haushaltsbegleitanträge, die durch die Feder der GRÜNEN Fraktion entstanden sind und gemeinsam mit der SPD und der FDP hier eingebracht werden.
In den letzten zwei Jahren sind einige grundlegende Erhebungen durch die Verwaltung ermittelt und der Kreispolitik zur Verfügung gestellt worden. Da ist die Wohnraumbedarfsanalyse mit dem Masterplan Wohnen zu nennen. Im Klimaschutzbereich die Biomassepotentialanalyse, die CO2-Bilanz aus den Jahren 2019 – 2021, das interkommunale Mobilitätskonzept, das Gutachten zum Alltagsradwegenetz, das Klimafolgenanpassungskonzept, um nur einige dieser Werke zu nennen. Das Klimaschutzkonzept wurde überarbeitet, in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe neu ausgerichtet und im September 2023 im Kreistag verabschiedet.
Diese genannten und weitere Konzepte sind die Grundlage des Handeln der Verwaltung und der Politik und sind in nächster Zeit umzusetzen, um unsere, im Haushalt vorgestellten, Programmziele zu erreichen.
Drei Maßnahmen zum Klimaschutzkonzept sind hervorzuheben
Der Schutz unseres Klimas, oder besser gesagt der Schutz unserer Lebensgrundlagen, ist ein wesentliches Programmziel im Haushalt und sehr gut dargestellt. Da es sich aber um eine Querschnittsaufgabe handelt, sind die jeweiligen Posten des Klimaschutzkonzeptes in diesem Haushalt nur schwer zu finden. So ist es eine Sisyphusarbeit, zu überprüfen, ob die einzelnen Schritte im Haushalt abgebildet und mit Beträgen versehen sind.
Das Konzept ist ausgerichtet auf die Treibhausgas-Einsparung von 30% bis 2030 und die Klimaneutralität bis 2045.
Es bedarf einiger Anstrengungen, diese Ziele auch wirklich zu erreichen. Um nicht alles auf einmal auf den Weg zu bringen, enthält das Konzept eine Priorisierung, in welcher zeitlichen Abfolge die einzelnen Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Bei einzelnen Maßnahmen fehlt diese Angabe und durch diesen Antrag wird die Bearbeitung angeschoben.
Als erstes ist die Maßnahme „Nachhaltiger Konsum“ zu nennen. Es soll ein Konzept für die Umsetzung erstellt werden, wobei die Wirtschaftsförderung, der Handel, die Landwirtschaft und ebenso die Verbraucherzentrale einzubeziehen sind.
Die Maßnahme „Klimaschonende Bauleitlinien“ war bereits Bestandteil des ersten Klimaschutzkonzeptes und vor mehr als zwei Jahren auf den Weg gebracht worden. Es ist bearbeitet, aber die Vorstellung der Politik steht noch aus.
Die Klimaschonenden Bauleitlinien sollen der Kreisverwaltung als Leitfaden für eine klimagerechte Gebäudeentwicklung der kreiseigenen Liegenschaften dienen und als Grundlage für politische Entscheidungen zur Verfügung stehen.
Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ist uns sehr wichtig. Das Klimaschutzkonzept sieht eine „Koordinationsstelle Landwirtschaft“ vor, um gemeinsam das übergeordnete Ziel der klimaneutralen Landwirtschaft bis 2045 zu erreichen. Das geht nur gemeinsam und deshalb wird die Priorisierung dieser Maßnahme angehoben.
Ein weiteres Querschnittsthema wird als neues Thema eingebracht, nämlich die Entwicklung einer ganzheitlichen Ernährungsstrategie für den Kreis Herford.
Wir nehmen uns für den Kreis Herford das Thema Ernährung vor.
Jeder von uns isst täglich und trifft jeden Tag ca. 200 Entscheidungen dazu. Nehme ich mein Mittagessen von zu Hause mit oder gehe ich doch lieber mit den Kolleginnen in die Cafeteria.
Da kommt der Kreis Herford ins Spiel, da er an vielen Stellen im Kreis Küchen, Mensen, Cafeterien, Krankenhausküchen betreibt und Mahlzeiten anbietet. Es spielt dabei nicht nur derjenige eine Rolle, der in die Cafeteria geht, sondern auch, wer welche Mahlzeiten nach welchem System kocht und anbietet. Wie ist die Küche gebaut? Muss der Küchenchef mit dem vorlieb nehmen, was er vorfindet oder hat er beim Bau die Gelegenheit zu sagen, wie er kocht und wie die Küche gestaltet sein muss. Haben die Nutzerinnen und Nutzer die Gelegenheit zu sagen, was und wie sie am liebsten essen?
Dadurch wird auch der Klimaschutz berücksichtigt. Wir müssen nicht Räume, Mauern bauen, die später nicht benötigt werden. Das schont wiederum den Kreishaushalt.
Weitere Aspekte werden mit bedacht, z. B. die Lebensmittelproduktion, die Lebensmittelverarbeitung, die Abfallvermeidung, die Bildung in Bezug aufs Kochen und der Umgang mit Lebensmitteln.
Es sind die Landwirtschaft, die Lebensmittelverarbeitenden Wirtschaftsbetriebe, die Abfallwirtschaft, die Cateringbetriebe zu beteiligen.
Der Kreis sollte dabei eine Beratungsfunktion einnehmen, da auch unsere Kommunen Küchen betreiben, z. B. in Kiten, im Offenen Ganztag, In Pflegeeinrichtungen, um nur einige zu nennen.
Ein weiterer Aspekt ist die Bildung unserer Kinder, von der Kita an. In welchen Schulen gibt es überhaupt noch Schulküchen, in denen die Kinder ans Kochen und an die Lebensmittel herangeführt werden?
Dass gesundes Essen vorbeugenden Gesundheitsschutz bedeutet, hat wohl jeder schon mal gehört. Auch hier trägt der Kreis Verantwortung.
Also schlagen wir vor, sich dieses Themas konzeptionell anzunehmen und eine Ernährungsstrategie für den Kreis Herford zu entwickeln.
Zwei weitere Aspekte betreffen den sozialen Bereich.
Eine zentrale sozialpolitische Aufgabe der nächsten Jahren ist die Schaffung und Aktivierung bezahlbaren Wohnraumes. Bei vielen Eigentümer*innen besteht eine gewisse Zurückhaltung, wenn es um die Vermietung von Wohnungen im niedrigen Preissegment geht. Es besteht oft die Sorge, dass man sich mehr Probleme einhandelt als Profit. Diese berechtigten und unberechtigten Vorbehalte betreffen insbesondere bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Geflüchtete oder Menschen, die Erfahrungen von Obdachlosigkeit hinter sich haben.
Um Menschen mit Miethemmnissen die Wohnungssuche zu erleichtern und Wohnraum zu aktivieren, wird die Verwaltung beauftragt, eine Beratungsfunktion einzunehmen. Ein Angebot könnte die Qualifizierung von Mieter*innen sein. Eine Zusammenarbeit mit externen Trägern wäre begrüßenswert.
Die Einrichtung von LSBTIQ*-Beratungsstrukturen im Kreis
Auch in OWL werden queere Personen immer sichtbarer. Das heißt nicht, dass sie hier nicht weiterhin mit Widrigkeiten zu kämpfen haben. Das Land fördert deshalb Beratungsstrukturen. Diese sind aber in der Regel in anderen Teilen NRWs, weshalb eine ortsnahe Beratung nicht gegeben ist.
Wir beauftragen die Verwaltung deshalb – evtl. gemeinsam mit den umliegenden Kreisen – auf die Schaffung einer LSBTIQ*-Beratungsstruktur hinzuarbeiten. Fördermittel des Landes sollen nach Möglichkeit abgerufen werden.
Die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsumstände der Bevölkerung im Kreis Herford, ist unser Bestreben auch weiterhin.
Wir bitten um Zustimmung zu diesem Haushaltsbegleitantrag.
Vielen Dank
Angelika Fleischer
Fraktionsvorsitzende
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